Der Wert von Domains ist und wird auch in Zukunft schneller steigen als jeder andere Rohstoff, den die Menschheit kennt. -Bill Gates-
Vier Millionen und kein bisschen Musik – Wie Taylor Swift die Stille verkauft
Es ist wieder soweit: Taylor Swift hat die Welt erlöst – diesmal mit The Life of a Showgirl. Vier Millionen verkaufte Alben in einer Woche. Vier Millionen! Man muss sich das mal vorstellen. In einer Zeit, in der kaum noch jemand eine CD besitzt, geschweige denn einen CD-Player. Und trotzdem kaufen Swifts Jünger – pardon: Fans – Tonträger, als hinge ihr Seelenheil davon ab. Vielleicht tut es das ja auch.Denn Taylor Swift ist längst keine Musikerin mehr. Sie ist ein Wirtschaftswunder, ein popkultureller Krisenherd, eine Kirche mit Kreditkarte. Ihre Fans, die sogenannten Swifties, praktizieren ihren Glauben digital, organisiert wie ein Sektenorden mit Marketingabonnement. Sie klicken, streamen, posten, kaufen Vinyls in fünf Farben und Kassetten, die niemand je abspielen wird. Man muss fair sein: Die Marketingabteilung von Republic Records verdient für diese Glaubensarchitektur wahrscheinlich den Friedensnobelpreis.
Doch das Erstaunliche an dieser ganzen Sache ist nicht, dass Swift viel verkauft. Es ist, dass sie überhaupt noch etwas verkauft. Seit 1991, also seit Menschen begonnen haben, Verkaufszahlen wirklich zu zählen, hat niemand in den USA mehr Alben in einer Woche abgesetzt. Nicht einmal Adele, nicht einmal Michael Jackson – na ja, außer Bad, aber das war noch, bevor Musik zu einem algorithmischen Nebenprodukt wurde.
Und so sehen wir nun, 2025, wie eine Sängerin, die einst mit Country begann und längst mit Kapitalismus endete, zur letzten Verteidigerin des physischen Albums wird. Natürlich unfreiwillig, versteht sich. Sie verkauft ihre Musik nicht – sie verkauft das Gefühl, dabei zu sein, Teil von etwas Größerem. Das Album ist nur das sakrale Objekt.
Man könnte meinen, Swift habe den modernen Musikmarkt durchschaut wie kein anderer: Sie inszeniert Nähe und liefert Distanz, verkauft Authentizität in limitierter Edition. Während andere Künstler versuchen, Streams zu generieren, generiert sie Identität. Das ist nicht mehr Pop, das ist Sozialökonomie.
Bleibt nur die Frage, wie viele dieser vier Millionen Käufer das Album tatsächlich gehört haben. Oder ob sie es einfach ins Regal stellen, zwischen die anderen Swifti-Relikte – wie Pilger, die heilige Erde in Plastikdosen aufbewahren.
Vielleicht ist das ja das eigentlich Revolutionäre an Taylor Swift: Sie hat die Musik vom Musikhören befreit.
Billy Cobhams „Stratus“ – Die Geburt des Jazzrock-Grooves
Ein Klassiker zwischen Funk, Rock und elektronischer FreiheitAls Billy Cobham 1973 sein Debütalbum Spectrum veröffentlichte, war das nicht weniger als ein Paukenschlag für die Fusion-Musik. Der Schlagzeuger, zuvor vor allem als Mitglied von Mahavishnu Orchestra bekannt, legte mit dem Album eine Blaupause für den Jazzrock der 1970er-Jahre vor. Im Zentrum des Albums steht ein Stück, das längst Kultstatus erreicht hat: „Stratus“, ein Instrumental, das die Grenzen zwischen Jazz, Funk, Rock und elektronischer Klangforschung sprengt – und das bis heute Musiker und Produzenten inspiriert.
Der Sound des Spektrums
Spectrum, erschienen im Oktober 1973, war Cobhams erster Alleingang – und zugleich eine Versammlung herausragender Talente:
Billy Cobham – Schlagzeug und Percussion
Tommy Bolin – E-Gitarre
Jan Hammer – E-Piano, akustisches Klavier und Moog-Synthesizer
Leland Sklar – Fender Bass
Diese Besetzung vereinte technische Brillanz mit Abenteuerlust. Schon die Einspielungen entstanden unter Live-Bedingungen im Studio – ohne Overdubs, ohne Netz und doppelten Boden. Cobham selbst nannte es später ein „Experiment aus reiner Energie“.
Der Aufbau: Von der Atmosphäre zum Groove
„Stratus“ beginnt mit einem rund dreiminütigen Intro, das oft als eigenständiger Klangraum betrachtet wird. Synthesizerflächen und schwebende Akkorde erschaffen eine fast außerirdische Atmosphäre, die den Hörer in eine andere Sphäre führt – bevor das eigentliche Thema einsetzt.
Dann, plötzlich: ein pulsierender Bass, präzise, trocken, fast mechanisch. Leland Sklar legt eine tiefe, repetitive Linie, über der Cobham ein synkopiertes Schlagzeugpattern entfaltet – zugleich stoisch und explosiv. Der Groove ist ostinat, hypnotisch, aber nie statisch. Cobham verwebt Bassdrum, Snare und Hi-Hat zu einem fließenden Rhythmusnetz, das zugleich antreibt und Raum lässt.
Tommy Bolins Gitarre tritt mit einem funkig-aggressiven Riff hervor, Jan Hammer kontert mit Moog-Synthesizer-Akkorden – und plötzlich explodiert das Stück in einer Serie von Soli. Bolin liefert eines seiner intensivsten Gitarrensoli überhaupt: virtuos, bluesig, elektrisch aufgeladen. Hammers Synthesizer übernimmt mit einem Solo, das futuristisch klingt, als käme es aus einer noch nicht erfundenen Welt.
Kompositorischer Kern: Bewegung und Stillstand
„Stratus“ ist kein Song im herkömmlichen Sinn, sondern eine Studie in rhythmischer und harmonischer Bewegung. Die Basslinie bleibt fast unverändert – sie fungiert als M antra, als strukturelle Achse. Darüber verändert sich das harmonische Klima subtil, getragen von der Energie der Solisten. Cobham selbst versteht den Song als eine Art „Schichtung von Emotionen“ – daher auch der Name: Stratus, wie die Wolkenformation, die sich in Schichten übereinanderlegt.
Am Ende zieht sich die Musik zurück, löst sich auf in fließende, retardierende Klänge. Der Kreis schließt sich – von der Atmosphäre ins Feuer und zurück ins Schweben.
Einfluss und Nachhall
„Stratus“ wurde zwar nie zu einem Chart-Hit, doch sein Einfluss ist gewaltig. Der Groove des Stücks wurde vielfach gesampelt und zitiert – am bekanntesten im Song „Safe From Harm“ (1991) von Massive Attack, wo das Schlagzeug- und Bassfundament von „Stratus“ den gesamten Track trägt. Damit fand Cobham, Jahrzehnte später, seinen Weg in die DNA des Trip-Hop.
Auch Live-Acts wie Jeff Beck oder Frank Zappa nahmen „Stratus“ immer wieder ins Repertoire – eine Hommage an den Rhythmus, der so präzise wie frei klingt. In der Fusion-Szene gilt das Stück längst als Prüfstein für Groove-Bewusstsein und Soundbalance: Wer „Stratus“ spielt, muss das Gleichgewicht zwischen Kontrolle und Ekstase finden.
Fazit: Ein Meilenstein zwischen den Welten
„Stratus“ ist mehr als ein Jazzrock-Track. Es ist eine Klangarchitektur, gebaut aus Schlagzeugenergie, Gitarrenrausch und elektronischer Poesie. Billy Cobham gelang damit ein Stück, das zugleich technisch brillant, emotional aufgeladen und überraschend zugänglich ist.
Bis heute steht „Stratus“ als Symbol für das, was Fusion im besten Sinne sein kann: Musik ohne Grenzen – und mit grenzenlosem Groove.
Empfohlene Aufnahmen:
Billy Cobham – Spectrum (Atlantic, 1973)
Jeff Beck – Live at Ronnie Scott’s (2008) – mit Hommage an „Stratus“
Massive Attack – Safe From Harm (1991) – als Sample-Weiterführung
Yamaha SLG200N – Die leise Revolution für Gitarristen
Yamahas SLG200N, die sogenannte Silent Guitar, trägt ihren Namen völlig zu Recht. Unverstärkt gespielt, bleibt sie so leise, dass sie kaum über das Niveau eines Gesprächs hinauskommt – ideal für späte Übungsstunden oder das Spielen in der Wohnung. Doch mit Kopfhörern oder Verstärker offenbart sich ihr wahres Potenzial: Ein voller, räumlicher Klang, der an eine Konzertgitarre erinnert, aufgenommen in einem akustisch perfekten Saal.Die SLG200N gehört zur dritten Generation der Yamaha Silent Guitar Serie und ist ein Segen für alle, die auf engem Raum leben, nachts üben oder oft reisen – und ihre hochwertige Konzertgitarre lieber zu Hause lassen möchten.
Kompaktes Design, große Wirkung
Schon beim Auspacken überrascht die Gitarre: Sie kommt in einer schmalen Gigbag, die eher an Sportausrüstung erinnert als an ein Musikinstrument – und sie passt problemlos ins Handgepäck eines Flugzeugs. Der Korpus besteht aus einem Mahagonirahmen, dessen Bassseite sich per Schrauben abnehmen lässt. Zusammengebaut wirkt das Instrument fast wie ein Kunstobjekt – modern, klar, elegant.
Das Spielgefühl ist anfangs ungewohnt, da die SLG200N so flach ist wie eine Solidbody-E-Gitarre. Doch mit einem Gewicht von rund zwei Kilogramm und einer vollen Mensur von 650 mm verschwindet das Gefühl der Fremdheit schnell. Alles fühlt sich vertraut an, wenn man einmal den Hals in der Hand hat.
Die Verarbeitung ist – typisch Yamaha – tadellos: perfekte Bundierung, saubere Sattel- und Stegeinpassung, gleichmäßig aufgetragene Lackierung in edlen Varianten wie Translucent Black, Tobacco Brown Sunburst und Natural Satin. Trotz ihres filigranen Designs wirkt sie robust genug für den Alltag, ohne dass man ständig Angst haben muss, sie zu beschädigen.
Ein weiteres Highlight: Die SLG200N ist in verschiedenen Halsbreiten erhältlich – zwischen 50 und 52 mm –, was sie besonders vielseitig macht. Damit eignet sie sich für Musiker aller Klassen und Fingergrößen: von Einsteigern mit kleineren Händen bis zu klassischen Spielern, die breite Griffbretter bevorzugen.
Spielgefühl und Klang
Die Gitarre spielt sich erstaunlich angenehm. Ihr schlanker Hals und die niedrige Saitenlage kommen modernen Gitarristen entgegen – besonders jenen, die von der E-Gitarre oder Steelstring kommen. Klassische Puristen könnten sie etwas zu „leichtgängig“ finden, doch dank des Dual-Action-Halsspannstabs, den viele Konzertgitarren nicht besitzen, lässt sich das Setup individuell anpassen.
Im Herzen des Instruments arbeitet Yamahas Studio Response Technology (SRT) – ein Pickup- und Preamp-System, das den Klang einer Konzertgitarre modelliert, wie sie mit hochwertigen Mikrofonen im Studio aufgenommen wurde. Über Drehregler lassen sich Klangbalance, Reverb- und Chorus-Effekte variabel einstellen. Außerdem gibt es einen Aux-Eingang (z. B. für MP3-Player), Kopfhörerausgang und einen klassischen 6,3 mm-Klinkenausgang für den Verstärkerbetrieb.
Mit Kopfhörern klingt die SLG200N beeindruckend realistisch – je nach Einstellung warm, direkt oder raumfüllend. Über einen Akustikverstärker gespielt entfaltet sie einen klaren, ausgewogenen Sound, der sowohl im Jazz- als auch im Popkontext überzeugt. Für Konzertauftritte mit klassischem Repertoire ist sie weniger gedacht, dafür aber ideal für Proben, Studioaufnahmen oder kleine Bühnen.
Fazit
Mit der SLG200N hat Yamaha ein Instrument geschaffen, das technologische Innovation mit musikalischer Sensibilität verbindet. Sie klingt erstaunlich natürlich, spielt sich leicht und bietet dank verschiedener Halsbreiten Komfort für jede Handgröße. Für nächtliche Übungssessions, Reisen oder Recording-Sessions ist sie nahezu perfekt – eine moderne Lösung für klassische Musiker im 21. Jahrhundert.
Kurz gesagt: leise, praktisch, robust – und erstaunlich nah am Klang einer echten Konzertgitarre.
Kontrapunkt – Die Kunst, Musik miteinander sprechen zu lassen
Der Kontrapunkt gehört zu den faszinierendsten Ideen der Musikgeschichte. Er ist keine trockene Regelkunde, sondern die Kunst, Stimmen in Beziehung zu setzen – miteinander, gegeneinander, umeinander herum. Seine Wurzeln reichen bis ins Mittelalter zurück, als Komponisten begannen, über den einstimmigen Gesang der Kirche hinauszudenken. Was passiert, wenn zwei Melodien gleichzeitig erklingen? Wie lässt sich verhindern, dass sie sich gegenseitig stören? Und wie kann aus mehreren Stimmen ein Klang entstehen, der größer ist als seine Teile? Genau diese Fragen führten zur Geburt des Kontrapunkts.Der Begriff selbst stammt aus dem Lateinischen punctus contra punctum – „Note gegen Note“. Das Prinzip war zunächst ganz wörtlich gemeint: Zu einer vorhandenen Melodie, dem sogenannten Cantus firmus, setzte man eine zweite Stimme, die unabhängig geführt war, aber dennoch harmonisch passte. Diese Praxis breitete sich im 14. Jahrhundert vor allem in Frankreich und Italien aus. Komponisten wie Guillaume de Machaut experimentierten mit mehrstimmigen Linien, die sich ergänzten oder einander widersprachen. Mit der Zeit entwickelte sich daraus ein immer komplexeres System von Regeln, das genau bestimmte, welche Tonabstände – die sogenannten Intervalle – als wohlklingend galten und welche Spannung erzeugten.
In der Renaissance erlebte der Kontrapunkt seine erste große Blüte. Musiker wie Giovanni Pierluigi da Palestrina brachten das Gleichgewicht zwischen Klangschönheit und Struktur zur Vollendung. Seine Messen und Motetten gelten bis heute als Musterbeispiele für „reinen“ Satz, in dem jede Stimme fließt wie eine eigene Melodie, und dennoch fügt sich alles zu einem ruhigen, strahlenden Klangbild. Palestrina wurde später zum Idealbild des sogenannten „strengen Stils“ erhoben, an dem Generationen von Musikstudenten ihre Finger und Ohren schulten. Doch der Kontrapunkt war nie bloß mathematische Ordnung – er war immer auch Ausdruck. In den schwebenden Linien der Renaissancepolyphonie steckt eine geistige Ruhe, ein meditativer Atem, der das irdische Chaos in harmonische Ordnung verwandelt.
Mit dem Barock begann eine neue Epoche des Kontrapunkts. Hier wurde die Kunst des Stimmengeflechts dynamischer, dramatischer und persönlicher. Johann Sebastian Bach gilt bis heute als ihr unangefochtener Meister. In seinen Fugen, etwa im „Wohltemperierten Klavier“ oder in der „Kunst der Fuge“, verschmelzen Handwerk, Logik und Emotion zu einer vollkommenen Einheit. Jede Stimme hat ihre eigene Persönlichkeit, und doch entsteht aus ihrem Zusammenspiel ein übergeordnetes Ganzes. Bach ließ den Kontrapunkt nicht mehr wie eine Übung wirken, sondern wie einen lebendigen Organismus. Seine Musik zeigt, dass Ordnung und Freiheit keine Gegensätze sein müssen, sondern sich gegenseitig beflügeln können.
Im 15. Jahrhundert hatte der Theoretiker Johannes Tinctoris den Mut, das Klangbild zu erweitern: Er erlaubte Dissonanzen – Töne, die Reibung und Spannung erzeugen. Damit wurde der Kontrapunkt flexibler, menschlicher, emotionaler. Diese „maßvollen“ Dissonanzen sollten vorbereitet und wieder aufgelöst werden, aber sie durften existieren – wie kleine Schatten, die das Licht umso heller erscheinen lassen. Später griff Johann Joseph Fux diese Prinzipien auf und formulierte sie in seinem berühmten Lehrbuch Gradus ad Parnassum. Dieses Werk wurde zum Standardwerk der Kompositionslehre im 18. Jahrhundert. Fux systematisierte die Entwicklung vom einfachen Note-gegen-Note-Satz bis zum „blühenden Kontrapunkt“, in dem Dissonanzen, Synkopen und rhythmische Freiheit erlaubt sind. Kaum ein Komponist jener Zeit kam an Fux vorbei – auch Mozart, Haydn und Beethoven haben mit seinen Übungen gearbeitet.
Mit der Entstehung der Dur-Moll-Tonalität verschob sich der Fokus allmählich vom reinen Stimmengeflecht auf die Harmonie, doch der Geist des Kontrapunkts blieb lebendig. Im 19. Jahrhundert entdeckte man Bachs Musik neu und erhob ihn – gemeinsam mit Palestrina – zum Inbegriff der kontrapunktischen Kunst. Romantiker wie Mendelssohn oder Brahms sahen in ihm nicht nur ein Vorbild an Disziplin, sondern auch ein Symbol geistiger Tiefe. Und selbst Komponisten der Moderne, von Debussy über Hindemith bis Schönberg, griffen auf kontrapunktisches Denken zurück, wenn sie neue Klangwelten erschließen wollten. Denn wer gelernt hat, in Linien zu denken, kann Musik freier, organischer und logischer gestalten – egal, ob tonal oder atonal.
Heute begegnet uns der Kontrapunkt in den unterschiedlichsten Formen. In der Klassik bleibt er ein Prüfstein für kompositorisches Können, in der Filmmusik sorgt er für Spannung und emotionale Tiefe. Selbst im Jazz lebt er weiter – dort, wo mehrere Musiker gleichzeitig improvisieren und dabei aufeinander reagieren. Saxophon und Klavier, Bass und Schlagzeug treten in Dialog, widersprechen sich, finden wieder zusammen. Das ist Kontrapunkt in seiner reinsten, spontansten Form. Auch Pop-Produktionen nutzen diese Technik, wenn Gesangsstimmen oder Instrumente so geführt werden, dass sie sich gegenseitig umspielen, statt einfach nur Akkorde zu stützen.
So zeigt sich: Der Kontrapunkt ist keine historische Kuriosität, sondern ein lebendiges Prinzip, das bis heute die Grundlage jeder mehrstimmigen Musik bildet. Er ist die Kunst, Gegensätze zu vereinen – Struktur und Emotion, Spannung und Auflösung, Individualität und Gemeinschaft. Zwei oder mehr Melodien, die sich begegnen, einander widersprechen und doch zusammen atmen – das ist der Moment, in dem Musik beginnt, wirklich zu sprechen.
Zwischen Rebound und Realität: Warum das Übungs-Pad unverzichtbar bleibt
Übungs-Pads begleiten Schlagzeuger schon deutlich länger als spezialisierte Gehörschutzsysteme. Bereits vor Jahrzehnten erkannten Lehrer den Nutzen, wenn ihre Schüler die Rudiments nicht auf der lauten Snare, sondern auf einer leiseren, kontrollierbaren Oberfläche übten. Auch in Musikgeschäften sorgten die Pads schnell für Entlastung – nicht nur für die Ohren der Verkäufer, sondern auch für das Nervenkostüm der Kunden, die in Ruhe Drumsticks ausprobieren konnten.Das Spielgefühl gilt bis heute als entscheidendes Kriterium. Viele Hersteller werben mit einem natürlichen, realistischen Rebound – doch die Unterschiede sind spürbar. Ein mittelhartes Gummi-Pad von Vic Firth reagiert anders als das straffere und lautere Billy Hyde-Modell, und beide fühlen sich wiederum anders an als ein echtes Snaredrum-Fell. Im Kern geht es bei einem Übungspad darum, den besten Kompromiss zwischen realistischem Spielgefühl, geringer Lautstärke und handlicher Größe zu finden. Schließlich soll das Pad überall einsetzbar sein – ob zu Hause, im Backstage-Bereich oder unterwegs.
Besonders verbreitet sind Pads mit einer Gummioberfläche, die auf einer stabilen Holzplatte aufgebracht ist. Modelle wie die RealFeel-Serie von Evans bieten einen angenehmen Rebound, sind robust und vergleichsweise leise. Viele lassen sich über ein Gewinde direkt auf einem Beckenständer montieren. Nach Jahren intensiver Nutzung können allerdings die Weichmacher im Gummi nachlassen, wodurch das Material spröde wird und Risse entstehen. Wer ein größeres Modell wählt, sollte zudem auf eine rutschfeste Unterseite achten, damit das Pad beim Spielen stabil bleibt.
Daneben existieren Trainings-Pads, die gezielt mehr Herausforderung bieten. Das RTom Moongel Pad etwa erzeugt fast keinen Rebound und zwingt die Hände zu aktiver Muskelarbeit – ideal für das gezielte Techniktraining. Noch vielseitiger ist das Reflexx Pad, das zwei unterschiedlich widerständige Oberflächen bietet und so verschiedene Übungsszenarien ermöglicht.
Auch praktische Aspekte verdienen Beachtung: Kleine Reise-Pads sind leicht zu transportieren, können aber ohne Stativ auf glatten Flächen verrutschen. Tama hat mit dem TSP10 eine ausgewogene Lösung zwischen kompaktem Format und stabilem Gewicht geschaffen. Knie-Pads wiederum sind vor allem für die traditionelle Stockhaltung geeignet. Wer ältere Modelle wie das Remo Tunable Pad oder das Billy Hyde Pad nutzt, sollte beachten, dass diese noch mit einem veralteten 6-Millimeter-Gewinde ausgestattet sind und ein spezielles Stativ erfordern.
Ob als stiller Begleiter für das tägliche Rudimenttraining oder als Werkzeug zur Verbesserung von Präzision und Ausdauer – das Übungs-Pad ist längst mehr als nur ein Ersatz für die Snare. Es ist ein zentrales Element in der Ausbildung eines jeden Drummers, der seine Technik leise, präzise und überall verfeinern will.
Ein Weckruf aus dem Abgrund: Wenn KI-Attrappen echte Bands überholen
„Es ist schockierend, entmutigend, beleidigend – und vor allem ein Weckruf.“ Mit diesen Worten reagierte eine Rockband darauf, dass ein KI-generierter „Künstler“, der auf ihrem Stil basiert, plötzlich mehr Hörer*innen auf Spotify zählt als sie selbst.Was auf den ersten Blick wie eine kuriose Randnotiz wirken könnte, legt den Finger auf eine offene Wunde der Musikindustrie. Streaming-Plattformen, die längst nicht mehr nach Qualität, sondern nach Algorithmen und Klickökonomie funktionieren, öffnen der künstlichen Fließbandproduktion Tür und Tor. Statt Künstler*innen, die über Jahre hinweg ihre Stimme, ihren Sound, ihre Handschrift entwickelt haben, rücken synthetische Doppelgänger ins Rampenlicht – aus dem Nichts, ohne Biografie, ohne Schweiß, ohne Risiko.
Natürlich war es nur eine Frage der Zeit, bis KI nicht nur Coverversionen oder „Stilübungen“ liefert, sondern gleich als vollwertiger „Act“ vermarktet wird. Dass dieser virtuelle Musiker nun mehr Streams abgreift als seine menschlichen Vorbilder, macht deutlich, wie austauschbar das System Musik-Streaming geworden ist. Es geht nicht mehr um künstlerische Identität oder Authentizität, sondern um die Fähigkeit, den Algorithmus zu füttern – und darin ist eine Maschine, die unendlich schnell und präzise Inhalte generiert, dem Menschen überlegen.
Die eigentliche Beleidigung liegt weniger in der Tatsache, dass KI „kreativ“ wirkt, sondern darin, dass Plattformen wie Spotify keinerlei Skrupel haben, diesen Prozess zu fördern, weil er ihre Geschäftsmodelle beschleunigt. Musiker*innen verlieren hier nicht nur Publikum, sondern auch den letzten Rest an Wertschätzung, den digitale Plattformen ohnehin nur widerwillig zugestanden haben.
Der „Weckruf“ sollte also nicht nur für eine Band gelten, sondern für eine ganze Branche – und für die Hörerinnen selbst. Wenn Musik nur noch als Hintergrundrauschen konsumiert wird, wird es nicht lange dauern, bis echte Künstlerinnen nur noch Randfiguren sind. Vielleicht ist es Zeit, sich zu fragen, ob wir wirklich in einer Welt leben wollen, in der „künstliche Künstler“ mehr gehört werden als jene, die mit Leib und Seele Musik machen.
Zwischen Hirnkarten und Hypothesen: Was Musiker angeblich anders fühlen
Eine aktuelle Studie der Aarhus Universität in Dänemark sorgt für Aufsehen: Musiker reagieren offenbar anders auf Schmerz als Nichtmusiker. Was zunächst spektakulär klingt, wirft bei genauerem Hinsehen jedoch Fragen auf – nicht nur hinsichtlich der Methodik, sondern auch in Bezug auf die Interpretation der Ergebnisse.Bekannt ist, dass chronischer Schmerz die sogenannte „Körperkarte“ im Gehirn verändert, also jene Region, die für die Wahrnehmung körperlicher Empfindungen zuständig ist. Doch nicht jeder Mensch reagiert gleich. Manche scheinen unempfindlicher zu sein, ihre neuronalen Strukturen sind offenbar resistenter. Genau hier setzt die Untersuchung an: Können musikalisches Training und jahrelange Praxis im Umgang mit einem Instrument die Art und Weise beeinflussen, wie Schmerz verarbeitet wird?
Um diese Hypothese zu überprüfen, setzten die Forscher 19 Musiker und 20 Nichtmusiker einem durchaus fragwürdigen Szenario aus: Mehrfach wurden ihnen Proteine injiziert, die zwar ungefährlich sind, aber Muskelkater-ähnliche Schmerzen über Tage hinweg auslösen. Danach wurde das Gehirn mittels Magnetimpulsen kartiert, um zu messen, wie stark die Repräsentation der schmerzenden Hand sich veränderte.
Die Ergebnisse bezeichneten die Wissenschaftler als „auffällig“: Die Gehirne der Musiker reagierten anders als die der Kontrollgruppe. Was genau „anders“ bedeutet, bleibt allerdings vage. Hier zeigt sich das erste Problem: Ein Sample von insgesamt nur 39 Personen ist extrem klein, um solch weitreichende Aussagen zu treffen. Zudem lässt sich kaum ausschließen, dass nicht andere Faktoren – etwa Lebensstil, psychische Widerstandsfähigkeit oder schlicht die Erfahrung mit intensiver körperlicher Belastung – die Resultate verzerrt haben.
Hinzu kommt eine ethische Frage: Ist es gerechtfertigt, Menschen über Tage hinweg gezielt Schmerzen zuzufügen, um eine Hypothese über Musik und Schmerz zu überprüfen? Der Nutzen für die Gesellschaft steht in einem fragwürdigen Verhältnis zum Unbehagen der Probanden.
Unbestreitbar bleibt: Die Studie öffnet ein spannendes Feld. Musik ist nicht nur Kulturtechnik, sondern auch ein Training für Gehirn und Körper. Doch bevor man Musikerinnen und Musikern eine besondere Schmerzresistenz zuschreibt, sollten weitere, deutlich größere Untersuchungen folgen – am besten mit transparenteren Kriterien und einer kritischeren Methodendiskussion. Bis dahin bleibt Skepsis angebracht.
Frank Zappa – Komponist zwischen Chaos und Präzision
Frank Zappa war vieles – Rockmusiker, Satiriker, Gitarrenheld, aber vor allem: ein Komponist, der keine Grenzen kannte. Wer seine Musik hört, schwankt oft zwischen Staunen und Schmunzeln. Denn während der Fuß noch im Takt wippt, stolpert der Kopf über Taktarten, die man so eher in einem Lehrbuch für zeitgenössische Musik vermutet.Zappas Kompositionen sind Labyrinthe aus Rhythmen und Stilen: mal rumpeln sie in 7/8, mal stolpern sie in 19/16, und bevor man verstanden hat, wie man mitzählen soll, steht man schon mitten in einer Polka oder einem Doo-Wop-Zitat. Ein Klassiker wie The Black Page ist so dicht mit Noten gefüllt, dass selbst gestandene Virtuosen ins Schwitzen geraten – Zappa selbst nannte es augenzwinkernd „ein Notenblatt, das aussieht wie Tinte mit Löchern“.
Seine Harmonik bewegte sich souverän zwischen modalen Grooves und frei atonalen Passagen, doch gerade wenn es zu abstrakt wurde, setzte Zappa gerne einen Schuss puren Kitsch dagegen: süßlich glänzende Dur-Akkorde, die das Publikum zwischen Lachen und Irritation zurückließen.
Besonders auffällig war seine Instrumentation. Neben Rockband-Besetzung gehörten Marimbas, Vibraphone, Oboen und später das Synclavier zu seinem Werkzeugkasten. Gerade die Percussion-Sätze von Ruth Underwood gelten heute als Paradebeispiele dafür, wie Zappa Klangfarben orchestrierte – oft klang es, als ob ein Jazz-Ensemble, ein Sinfonieorchester und eine Marschkapelle gleichzeitig probten.
Doch Zappa komponierte nicht nur am Schreibtisch. Auf der Bühne dirigierte er seine Bands wie ein Maestro im Rockclub: mit Handzeichen steuerte er spontane Wechsel, ließ aus Improvisationen neue Formen entstehen und baute Collagen, in denen plötzlich Beatles-Anspielungen neben Zwölftonreihen auftauchten.
Und über allem thronte seine Gitarre: lange Soli, die sich vom Blues lösen, in modale Gefilde wandern und dabei eine Dramatik entfalten, die zeigt – Zappa war nicht nur Kopf, sondern auch Herzmusiker.
Wer ein Werk wie Inca Roads hört, erkennt schnell, dass Zappa mehr als ein „Rock-Exzentriker“ war. Er war ein ernsthafter Komponist, der zugleich nie den Spaß verlor. Zwischen mathematischer Präzision und satirischem Übermut baute er eine eigene Klangwelt, die bis heute fasziniert.
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